Reihe 6
Die Region Südossetien am Südabhang des Großen Kaukasus gehört völkerrechtlich zu Georgien, wurde aber 2008 durch eine kriegerische Intervention Russlands als „unabhängiges“ Territorium in ein Dauerprovisorium versetzt. Südossetien ist nun eine jener Enklaven mit unklarem Status, mit denen Vladimir Putin die Grenzen des russischen Imperiums zu erweitern versucht: Abchasien, Donezk und Lugansk in der Ukraine, Transnistrien in Moldawien. Zahlreiche Menschen mussten 2008 aus Südossetien nach Georgien fliehen. Viele fanden Aufnahme in einer Siedlung in Tserovani, die von den georgischen Behörden errichtet wurde: einfache Häuser in einer Anordnung nach geometrischem Muster. Ein Flüchtlingslager.
In der Reihe 6 liegt das Haus, in dem Robinson mit den Resten seiner Familie lebt. Er wurde 2008 in Armenien vom Krieg überrascht, und konnte nicht mehr nach Südossetien zurück. Seine Frau lebt nach wie vor dort, für ihn unerreichbar. Während Robinson die Tage sinnierend verbringt und allenfalls ab und zu ein mäßig interessiertes Auge auf ein altes Melodram im Fernsehen wirft, geht das Leben in Tserovani aber weiter. Peperoni werden eingelegt, der kleine Robiko liest eine Geschichte von einem gefährlichen Wolf, seine kleinere Schwester Barbare tanzt neben dem Tisch. Bidzina Gogiberidze und Lennart Hüper zeigen in Reihe 6, wie das unterbrochene Leben und das aufbrechende Leben nebeneinander existieren. Keiner der beiden Aspekte wird privilegiert, im Gegenteil ist es gerade die Spannung zwischen dem Blick zurück und dem Blick nach vorn, die der Film auf eine pointierte Weise in intensive Gegenwart auflöst. (Bert Rebhandl)
Reihe 6
2022
Österreich, Georgien, Deutschland
25 min
Dokumentarfilm
Georgisch
Englisch